Die klassische Grundhaltung in der Immobilienbrache ist, dass eine Immobilie und entspre-chend auch die Bedingungen für den Gebäudebetrieb einzigartig sind. Der Ansatz bei einem digitalen Ausschreibungsprozess ist genau andersherum – und so lässt sich mit Standardisie-rung und Digitalisierung Geld und Ressourcen sparen!
Digitale Transformation in der Bau- und Immobilienbranche Challenges, Best Practices und Schaffung ökonomischer Mehrwerte by BDBau
Die jüngste ökonomische und gesundheitliche Krise, ausgelöst durch die Corona Pandemie im Frühjahr 2020, stellt etablierte Unternehmen, Start-ups und ganze Volkswirtschaften vor komplett neue Herausforderungen. Es gilt kurzfristige Cash-Flows zu sichern, nachhaltige Profite zu erwirtschaften und Kapitalrücklagen aufzubauen ebenso wie neue Arbeits- und Kommunikationsformen zu etablieren, Prozesse umzustrukturieren und vor allem Digitalisierung in das gesamte Unternehmen und staatliche Strukturen zu integrieren.
Parallel zu dieser ad-hoc Krise ist bereits seit einer Dekade eine Disruption ganzer Industrien, erprobter Geschäftsmodelle sowie eine Zunahme des ökonomischen und privaten Agierens in Netzwerken zu beobachten. Es entstehen autarke digitale Ökonomien, die durch den Einsatz modernster Technologien und Lösungen neue Geschäftsopportunitäten bieten und gleichzeitig etablierte Arbeits- und Prozessabläufe hinterfragen. Disruptive Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook und Andere machen es vor…
… doch was haben bereits heute alle diese Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als 1 Milliarde Dollar gemeinsam?
- Sie alle betreiben Plattform-basierte Geschäftsmodelle
- Sie alle generieren Einnahmen mit Vermögensgegenständen, die sie nicht auf ihrer eignen Bilanz tragen müssen
- Sie vertreiben keine Güter sondern Dienstleistungen
- Sie können nicht mehr klassisch einer Industrie zugeordnet werden und agieren in verschiedenen Industrien zur selben Zeit
- Sie sind nicht mehr in Europa angesiedelt
Wie kann die Bau- und Immobilienbranche an dieser Entwicklung partizipieren?
Digitalisierung Challenge – Das Gebäude als Dienstleistung
Die heutige Value Chain von der Gebäudeplanung über den Bau bis zum Gebäudemanagement ist von einer hohen Fragmentierung des Marktes der Anbieter und ausführenden Firmen, wie auch der innovativen Lösungsanbieter aus dem Start-up Bereich gekennzeichnet. Das Asset „Gebäude“ wird nach wie vor als Gut betrachtet, welches es gilt so effizient wie möglich zu errichten und im Anschluss zu verwalten. Der Endkonsument, egal ob privater oder gewerblicher Mieter, wird als Käufer bzw. Mieter eines fixen Objekts betrachtet, der den Vermögensgegenstand einmalig erwirbt und dann über die Dauer abnutzt.
Best Practice – Fokus auf die Flächennutzung und Services
Das Potenzial, welches sich aus einer Integration digitaler Hard- und Software Komponenten ergibt, wird heute nur in Ansätzen betrachtet. Es geht jedoch weit über das mobile Anschalten einer Lampe über ein Smartphone hinaus. Breits heute werden Gebäude genutzt, um sie nur noch rein als Dienstleistung anzubieten – Airbnb und WeWork machen es vor.
Bauprozesse lassen sich nicht nur über BIM neu steuern. Es ist vor allem die Integration intelligenter Software, die ein exaktes Tracking des Baufortschritts, der aktuellen Kostenkalkulation und der Kommunikation zwischen den verschiedenen Gewerken erlaubt. Die graphische Darstellung ist eine Komponente, jedoch liegen die größeren ökonomischen Potenziale vor allem in einer effizienteren Abstimmung zwischen allen Beteiligten.
Die dauerhafte Vermietung weicht einer Nutzer- und Serviceorientierten Dienstleistung. Der gewerbliche Mieter der Zukunft kann durch neuartige Sensorik und Software seine Kosten erhebliche senken und sein Nutzungsverhalten bedarfsorientierter gestalten. Der Eigentürmer generiert zusätzliche Einnahmen, indem er seinen Mietern nicht nur den Raum, sondern vor allem ergänzende Services schlüsselfertig mit anbietet – vom optimal beheizten Raum über den gefüllten Kühlschrank bis hin zum Buchungsmanagementsystem für temporär wechselnde Nutzer.
Digitalisierung Challenge – Das Gebäude in neuen Eigentümerstrukturen
Heute befindet sich das Gebäude klassischer Weise in dem Eigentum einer Privatperson, einer Unternehmensholding oder der Öffentlichen Hand. Dieser Eigentümer ist für den kompletten Finanzierungsbedarf ebenso verantwortlich wie für die Realisierung des Bauvorhabens und den anschließenden Betrieb des Gebäudes. Dabei trägt er allein das ökonomische Risiko und sämtliche Verpflichtungen. Nicht zuletzt die Immobilienkrise in den USA im Jahre 2008 verdeutlichte uns, wie fragil die zugrunde liegenden Finanzierungsmodelle sein und wie damit ganze ökonomische Kreisläufe ins Wanken geraten können.
Best Practice – Distributed Ownership und Datenökonomisierung
Neuartige Technologien und innovative Start-up Lösungen ermöglichen es, auch kleinste Eigentumsanteile zu erwerben, zu halten und jederzeit handeln zu können. Neue Finanzierungskonzepte wie Crowdfunding in Verbindung mit neuen Technologien erlauben auch Privatpersonen an der Finanzierung großer Projekte zu partizipieren.
In der Folge muss der gesamte Kapitalbedarf nicht auf einzelne Personen, Unternehmen und Banken verteilt werden, sondern kann aus der Masse vieler kleiner Anleger finanziert werden. Diese erhalten ihren Return on Investment ihrem Anteil entsprechend an der Vermietungs- und Servicedienstleistung, die durch das Gebäude erbracht wird. Ferner erlaubt eine weitere Ausgestaltung des Distributed Ownership Modells eine Finanzierung sämtlicher Anlagen des Gebäudes durch Dritte sowie einen Zufluss des Return-on-Investments heruntergebrochen auf Geräte- und Anlagenebene. Der Finanzierungsdruck und das Risiko lassen sich somit gleichermaßen verteilen und ermöglichen eine insgesamt risikoärmere Realisierung des Bauvorhabens und anschließenden Betrieb des Gebäudes.
Ein wirtschaftliches Asset, welches für das Unternehmen ebenso wie die Privatperson heute nach Erwerb nur Geld kostet wandelt sich so zu einem Vermögensgegenstand, der Cash-Flows und dauerhafte Einnahmen generiert. Ferner kann durch die Integration von Sensorik und entsprechender Software in das Gebäude und die Anlagen das Buzzword „Industrie 4.0“ mit Leben gefüllt werden. Die Anlagen und Geräte werden in Zukunft Daten bereitstellen, die für den Eigentümerpool eine weitere Einnahmequelle darstellen. Die so entstehende autarke digitale Ökonomie lässt den Vermögensgegenstand Gebäude nach attraktiver werden und erlaubt eine völlig neue Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des Bauvorhabens und des Gebäudemanagements.
Digitalisierung Challenge – Einseitige Geschäftsmodelle aufbrechen
Sowohl die Bau- als auch die Immobilienbranche sind klassischer Weise charakterisiert durch einseitige Anbieter – Nachfrager orientierte Geschäftsmodelle. Die Leistungserbringung ist dabei durch zwei Determinanten bestimmt: Die Leistungsfähigkeit, das Angebotsspektrum und die Qualität der ausführenden Firmen sowie die Zahlungsbereitschaft des Eigentümers und Betreibers, was häufig zu mangelhaften Ergebnissen, ineffizienten Ressourcenallokationen und explodierenden Kosten führt. Prominente Beispiele hierfür liefern die Elb-Philharmonie ebenso wie der Berliner Flughafen BER.
Best Practice – Die Digitalisierung durch eine ganzheitliche Plattform und ein Denken in Ökosystemen
Etablierte Unternehmen zeigen, wie man die Errichtung und das Managements eines Gebäudes durch deutsche Ingenieurskunst mit höchster Qualität errichten und betreiben kann. Innovative Start-ups zeigen, wie die Digitalisierung genutzt werden kann, um Teilaspekte des Bau- und Gebäudemanagementprozesses effizienter zu gestalten und neue Produkt-Dienstleistungskombinationen zu schaffen. Der Nutzer von Gebäuden verdeutlicht uns durch seine Bedarfsänderung, wie Gebäude in Zukunft genutzt werden können. Neuartige Kommunikations- und Informationssysteme erlauben es, den gesamten Prozess effizienter zu steuern, Informationslücken zu schließen und Transparenz zwischen allen Beteiligten zu schaffen.
Durch die Verbindung des Angebotsspektrum klassischer Unternehmen mit innovativen Lösungen entstehen neuartige Lösungen und Produkte, die nicht nur die Planung und den Bau, sondern auch den Betrieb von Gebäuden ökonomisch sinnvoller und nachhaltiger gestalten werden. Die Anbindung des Nutzers von Gebäuden erlaubt eine bedarfsspezifischere Ausgestaltung der Infrastruktur, des Gebäudes und relevanter Dienstleistungen. Das neu generierte Angebot an den Nutzer kann in Echtzeit überprüft und angepasst werden. Durch die Kombination vieler Anbieter, Nachfrager und Nutzer entsteht eine umfangreiche Produkt- und Serviceangebotsvielfalt, die in der analogen Welt heute so noch nicht existiert.
Fragmentierungen im Angebotsmarkt können über eine Plattform gemindert, etablierte Unternehmen, Start-ups und die Öffentliche Hand in einem Ökosystem vernetzt werden. Die Digitalisierung sollte pragmatisch genutzt werden, um Prozesse, innovative Produkte und Dienstleistungen sowie neue Arbeitsweisen direkt in einem Netzwerk Charakter zu etablieren. Konkret messbare ökonomische Mehrwerte werden in Zukunft durch organisationale Kollaboration und produkttechnische Integration auf einer Plattform erzielt werden.
Autorenprofil Janna Zielinski
Janna Zielinski verfügt als Unternehmensberaterin, Speaker und mittelständische Unternehmerin über umfangreiche Erfahrungen der digitalen Transformation etablierter Industrien und Unternehmen sowie in der Entwicklung innovativer, skalierbarer Geschäftsmodelle.
Seit mehr als 10 Jahren unterstützt Sie Großunternehmen, Mittelständer, Start-ups und Öffentliche Institutionen in der Entwicklung und Umsetzung von Digitalstrategien, der Erprobung neuer Technologien und der Realisierung messbarere ökonomischer Mehrwerte. Ihr Fokus liegt dabei stets auf einer praktikablen Umsetzung sowie der Einbindung des nötigen Ökosystems. Sie ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des Bundesverband digitales Bauwesen.
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